Am 15. Mai 2021 wurde durch die Internationalen Dachorganisationen der Jusos, IUSY und YES, eine Resolution zu den gewaltvollen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästinenser*innen in den vergangenen Tagen beschlossen. Es ist uns wichtig zu betonen, dass wir (gemeinsam mit unseren israelischen Partner*innen) diese Resolution abgelehnt haben und uns ausdrücklich von deren Inhalt distanzieren.
Grund für unsere Ablehnung ist zuallererst die stark einseitige inhaltliche Positionierung. Die Forderung, dass wir einen friedlichen Weg der Konfliktlösung brauchen, sowie die Verurteilung von Gewalt und dem Brechen von internationalem Recht teilen wir und unterstützen diesen Grundsatz täglich in unserer internationalen Arbeit. Jedoch blendet die Resolution die Raketenangriffe der terroristischen Hamas gegenüber Israel und dem einhergehenden Leid der israelischen Bevölkerung vollständig aus. Wir verurteilen diese Raketenangriffe aufs Schärfste. Sie sind durch nichts zu rechtfertigen. Die Hamas ist und war nie an einer friedlichen Zweistaatenlösung interessiert und ihre Gewalt gegenüber der israelischen Bevölkerung sowie der Missbrauch der palästinensischen Bevölkerung in Gaza ist durch nichts zu rechtfertigen.
Für uns ist wichtig: Zwei Seiten leiden unter der Gewalteskalation und den Folgen des Konflikts. Als Jusos verpflichtet uns der Grundsatz der doppelten Solidarität. Hierzu gehört das Existenzrecht Israels und das Recht, die eigene Bevölkerung insbesondere vor dem Terror der Hamas zu beschützen. Dies ist immer und überall eindeutig zu benennen. Ebenso ist der völkerrechtswidrige Siedlungsbau sowie der ungeklärte Status Jerusalems weiterhin ein friedensbehindernder Umstand, der einer nachhaltigen Lösung bedarf.
Selbstverständlich verwehren wir uns gegen eine Spirale der Gewalt, die nur zu Tod und Leid auf beiden Seiten führt. Die Perspektive unserer Partner*innen bleibt uns wichtig, ihr Leid muss enden, die Zivilbevölkerung geschützt und ihre Rechte gestärkt werden.
Darüber hinaus ist die Resolution in einem Prozess zustande gekommen, der sich abseits unseres Verständnisses von internationaler Solidarität bewegt. Wir sind stolz darauf, Mitglied von internationalen Organisationen zu sein, die eine große Familie an Partner*innen umfasst. Die Perspektiven, die wir im internationalen Austausch über progressive und sozial gerechte Politik in der Welt erhalten, ist es wert, dort auch schmerzliche Konflikte zu Themen, zu denen sich die Mitglieder nicht einig sind, zu führen. Unverantwortlich ist es aus unserer Sicht hingegen, eine Verständigung über hochkomplizierte Themen herbeizuführen, wie etwa die Lage im Nahen Osten, während die Betroffenen Raketenangriffen und Gewalt unmittelbar ausgesetzt sind.
Es ist schwer möglich, auf dieser Grundlage zu ausgewogenen Ergebnissen zu kommen, was sich aus unserer Sicht auch in dem getroffenen Statement widerspiegelt. Primat einer internationalen Dachorganisation, die Mitgliedsorganisationen aus allen Teilen der Welt vereint, muss sein, dass bei einer Stellungnahme zu Konflikten alle direkt betroffenen Mitgliedsorganisationen gehört werden und ihre Perspektive in der Position abgebildet wird. Diesem Anspruch ist der Entstehungsprozess der Resolution nicht gerecht geworden. Die Perspektive der israelischen Mitgliedsorganisationen hat in der Resolution keinen Platz gefunden, obwohl es – der akuten Lage vor Ort zum Trotz – den Versuch der Verständigung und zahlreiche Vorschläge zur Einbindung ihrer Perspektive gegeben hatte. Dieses Vorgehen ist für eine sich als internationalistisch bezeichnende Organisation schädlich.
Wir wünschen uns eine Debatte, die das Leid der Bevölkerung in der Region sowie die Komplexität und Unüberschaubarkeit der Lage anerkennt. Wir stehen weiterhin solidarisch an der Seite unserer israelischen und palästinensischen Partner*innen und hinter unserer Überzeugung, dass wir innerhalb unserer Dachverbände stets gemeinsam agieren wollen und keine Positionierung entgegen ihrer gemeinsamen Einschätzung mittragen.