„Afghanistan ist der Spiegel der Weltpolitik“

In einer sehr sachlich und kontrovers geführten Podiumsdiskussion haben die Jusos Minden-Lübbecke sich mit dem Thema „Afghanistan – Welche Perspektiven hat das Land nach jahrelangem Krieg?“ auseinandergesetzt.

ThemenwocheAfghanistanPodiumDirk Schuchardt, wissenschaftlicher Mitarbeiter des sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Johannes Pflug, wies gleich zu Beginn der Veranstaltung auf die Chancen des Landes durch das internationale Engagement hin. Andere Krisenländer, wie etwa Somalia, stünden nicht im Blick der gesamten Welt. Kritisch hinterfragt wurden die Motive des Einsatzes von dem Mindener Friedensaktivisten Erhardt Wichmann: „Unsere enge Beziehung zu den Amerikanern sollte eigentlich aus Werten bestehen und nicht aus einer Beteiligung an ihrem globalen Raubzug“. Mithilfe eines Militäreinsatzes könne dem Land nicht geholfen werden. Dr. Arsalan Asadi, Vorsitzender des Vereins „Perlen für Afghanistan“ befürwortet grundsätzlich den Kampf gegen die Taliban, sah jedoch „die Krankheit falsch diagnostiziert und deshalb falsch behandelt“. Der Fokus müsse vor allem auf Pakistan gelegt werden, denn dort hätten die Taliban Unterschlupf gefunden.

Der Polizeikommissar Andreas Stahnke berichtete von den Erfahrungen, die er bei der Polizistenausbildung in Faizabad gemacht hat. Ein funktionierender Rechtsstaat, so betonte er, sei für das Land sehr wichtig. „Man kann keine Wunder erwarten, aber ich hatte das Gefühl, dass mein Einsatz einen Sinn macht“. Dieser Meinung schloss sich auch Erhardt Wichmann an. Für ihn sei es aber unverständlich, warum für die Polizistenausbildung weniger Geld ausgegeben würde, als für den Militäreinsatz. Arsalan Asadi erwiderte, auch deutsche Polizisten würden von den Afghanen oft als Besatzer wahrgenommen. „Die Hilfe muss indirekter kommen“, forderte er. Dirk Schuchardt widersprach, die Hilfe durch die Polizistenausbildung sei doch schon indirekt.

Kontrovers diskutiert wurde auch die Frage, ob Verhandlungen mit den Taliban eine Möglichkeit wären, den Staat zu stabilisieren. Erhardt Wichmann befürwortete Verhandlungen. „Die Taliban werden von der Politik viel zu sehr dämonisiert. Der Frieden muss ausprobiert werden“. Dirk Schuchardt warnte davor, sich Verhandlungen zu einfach vorzustellen. „Die Taliban haben in der afghanischen Bevölkerung kaum Rückhalt, man darf ihnen nicht zu viel Macht einräumen“. Außerdem stünden die Taliban zurzeit militärisch mit dem Rücken zur Wand. „Das müssen wir jetzt ausnutzen“.

Wer in der Diskussion über Afghanistan oft vergessen wird, sind die Afghanen“, meinte Asadi. „Afghanistan ist der Spiegel der Weltpolitik“, wenn in Berlin oder Washington Fehler gemacht würden, hätten die Afghanen darunter zu leiden.