Rot-Rot-Grün in Thüringen ist eine Chance

Ein Blog von Jens Vogel zur Wahl von Bodo Ramelow zum neuen Ministerpräsidenten in Thüringen

thueringen

Heute wurde das Ende des Abendlandes eingeläutet und der Staatssozialismus übernimmt die Macht im Land, zumindest in Thüringen und zumindest in einigen Köpfen von CDU-Leuten und Leuten vom rechten Rand. Die Hasstiraden der letzten Wochen auf den Straßen in Thüringen und in den sozialen Netzwerken waren und sind einfach überzogen, über den geschmacklosen Fackelmarsch am 09.11. in Erfurt brauchen wir gar nicht erst reden.

Der CSU-Generalsekretär sprach vom 09.11.2014 als einen Tag der Schade, aber nur im Zusammenhang mit der Zusage für ein rot-rot-grünes Bündnis im thüringischen Landtag. Ja es war ein Tag der Schade und zwar als Bürger_innen und CDU-Leute (auch AfD- und NPD-Leute waren vertreten) mit Fackeln durch Erfuhrt marschierten.

An diesem 09.11. fiel vor 25 Jahren nicht nur die Mauer, sondern es brannten im Jahr 1938 in der Nacht vom 9. auf den 10.11. brannten überall im Land Synagogen und jüdische Geschäfte – in Brand gesetzt durch SA- & SS-Leute. Und an diesem 09.11.2014 marschierten wieder Menschen mit Fackeln durch die Stadt. Das ist die wahre Schande und nicht eine Koalition von SPD, Linke und Grüne in Thüringen.

Rot-Rote Bündnisse sind auch nichts neues. Neu ist nur, dass die SPD zum ersten Mal als Juniorpartner in eine Koalition mit der Linkspartei geht. Jedes Mal wurde im Wahlkampf das Schreckgespenst vom Staatssozialismus heraufbeschworen und die „rote Socken“-Kampagne ausgepackt. Und was ist am Ende passiert? Weder wurden Mauern hochgezogen oder der Staatssozialismus ausgerufen. Auch in Thüringen wird dies nicht passieren und Bodo Ramelow wird als Ministerpräsident die DDR nicht wieder auferstehen lassen. Diese schwachsinnige Behauptung wurde von einigen Kritikern in den letzten Tagen auch geäußert.

Bodo Ramelow ist eines der vernünftigen Mitglieder in der Linkspartei. Er lebte zur Zeit der DDR in Westdeutschland, war nicht Mitglied der SED und war auch nie Mitglied in der „Freien Deutschen Jugend“ (FDJ). Unsere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel war dagegen Mitglied der FDJ, auch wenn das gerne mal vergessen wird. Genauso wie vergessen wird, dass die CDU und FDP als Blockparteien die Politik in der DDR mutgestaltet und damit auch Verantwortung zu tragen haben. Nicht nur die Linkspartei muss sich also kritisch auseinandersetzen mit ihrer Geschichte, sondern auch CDU und FDP.

Unter diesem Gesichtspunkt ist es schwierig zu argumentieren, warum man lieber wieder mit der CDU in eine Koalition gesehen sollte, anstatt mit der Linkspartei. Genauso schwierig ist es mit dem Punkt Personalien zu argumentieren. Sicherlich wird es auch noch ehem. SED-Mitglieder geben, die nun für die Linkspartei im thüringischen Parlament sitzen.

Aber was ist denn mit Mitgliedern der ehem. Fraktionen der Blockparteien? Da sitzt nämlich in Reihen der CDU auch jemand mit DDR-Parlamentsvergangenheit. Aber das ist für viele scheinbar kein Problem. Also erstmal in den eigenen Reihen aufräumen und sich der eigenen Geschichte stellen, anstatt mit dem Fingern auf andere Leute zu zeigen – Erst recht nicht auf Leute, die mit dem DDR-Unrechtssystem überhaupt nichts zu tun haben – wie Bodo Ramelow.

Bodo Ramelow weiß genau, dass die Linkspartei sich ihrer Geschichte stellen muss, deshalb waren seine ersten Worte als Ministerpräsident Worte der Entschuldigung und ein Zeichen der Versöhnung und der Anerkennung der DDR als Unrechtsstaat.

Ich wünsche Bodo Ramelow und seiner Mannschaft, den Koalitionsparteien viel Erfolg für ihre politische Arbeit in den kommenden Jahren.

Ich sehe in Thüringen eine Chance für eine andere Politik auch im Bund, aber dazu müssen alle drei Parteien bereit sein und bei der Linkspartei habe ich, bei manchen westdeutschen Landesverbänden und handelnden Personen z.B. im Bundestag, so meine Zweifel.