Sachorientierte, konfliktfreie Kommunalpolitik!?

Ein Einwurf von Florian Hoffmann

In der Kommunalpolitik gehe es um Sachfragen, sagt man. Es sei kein Platz für ideologische Auseinandersetzungen und Parteienzwist, sagt man. Es gehe um die Menschen vor Ort, sagt man. Soweit der Volksmund.

Wenn dem so wäre, wäre der TOP 2 auf der Tagesordnung des Ausschusses für Schule und Sport der Stadt Petershagen vom vergangenen Mittwoch ganz schnell erledigt gewesen. Es ging um die Sanierung des Altbaus des Gymnasiums. Klare Sache: ein 130 Jahre altes Gebäude, neue Brandschutzvorschriften, die unansehnliche Fassade, marode Sanitäranalagen und ein morsches Dach. Und dann auch noch ein Wasserrohrbruch, der all das besonders in den Fokus rückte. Saniert werden muss! Soweit war man sich einig. Und möglichst noch im nächsten Jahr in einem Zeitraum, in dem sowieso weniger Schülerinnen und Schüler als sonst Räume benötigen werden. 2 Millionen Euro soll das Ganze kosten, und mit einigen kleinen Haushalts-Tricks ist das Geld wohl auch vorhanden. Klarer geht es kaum, könnte man meinen.

Doch die Debatte zog sich hin. Am Ende wurde der leicht veränderte Verwaltungsvorschlag abgenickt, die SPD-Fraktion enthielt sich.

Der interessierte Bürger reibt sich verwundert die Augen und fragt: Wo lag das Problem? Wie kann man sich über eine so klare Sache derart die Köpfe heißreden? Was steckt hinter diesem kleinen Einzelfall?

Meine These ist, dass selbst an einer banalen Gebäudesanierung die fundamentalen Unterschiede  zwischen den politischen Lagern deutlich werden können.

Der SPD-Fraktion ging es hier darum, zunächst einen Teilbeschluss zu fassen und die konkreten Planungen sowie die Absprachen mit dem zukünftigen Nutzer, also dem Gymnasium Petershagen, eng politisch zu begleiten.

Mein Eindruck war, dass das konservative Lager sich mal wieder von den Ereignissen überrollen lassen hatte und nun das Heil in der Delegation seiner ureigensten Aufgaben suchte. Motto: „Die Verwaltung wird es schon regeln.“ Sicher, die Zeit drängt, Ausschreibungen müssen geschrieben, Aufträge erteilt werden. Gerade im Hinblick auf den anvisierten Baubeginn um Ostern herum ist wenig Spielraum da.

Doch wer wird entscheiden, welche konkreten Maßnahmen letztendlich umgesetzt werden? Die Wunschliste der Schule ist, abgesehen vom Allernotwendigsten (der Behebung des Wasserschadens und der Erfüllung der Brandschutzvorschriften), sicher lang.

Man sieht: Es geht nicht bloß um eine Gebäudesanierung. Es geht um die Entscheidungsbefugnisse des Rates der Stadt Petershagen.

Das konservative Lager wollte sich ja nicht auf grundsätzliche Überlegungen zur Qualität und den finanziellen Risiken im Gebäudebestand der Stadt einlassen. Stattdessen lässt man sich überraschen und scheut dann auch noch die Möglichkeit, direkt auf die Planungen Einfluss zu nehmen.  Mit der Trias „abwarten, überrascht werden, Verantwortung abschieben“ könnte man das Muster auf den Punkt bringen, das sich wie ein roter Faden durch die Ratspolitik der CDU zieht.

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als den Primat der Politik gegenüber der Verwaltung. Natürlich ist es sehr bequem, das Notwendigste abzunicken, das Bürgermeister und Verwaltung dem Rat vorlegen, und ihnen dann auch noch freie Hand in Fragen der Ausführung zu lassen. Aber dadurch vergibt sich der Rat die Chance selber gestalten zu können.

Das progressive Lager will sich im Gegensatz dazu mit den grundsätzlichen Fragen und klaren Perspektiven beschäftigen. Nicht die Verantwortung scheuen, indem man delegiert, sondern selber genau hinschauen und Probleme anpacken. Das kann unbequem werden, aber es  ist notwendig, will man nicht in eine „Bürgermeister-Monarchie“ abrutschen.

Hier wird dem Bürger nun in klarster Art und Weise ein gravierender Unterschied zwischen den politischen Lagern in der Politik vor Augen geführt. Die Mär von der konfliktfreien, sachorientierten Kommunalpolitik kann als widerlegt gelten. Und der Bürger kann auch entscheiden, was für einen Rat er bevorzugt: einen feigen, der die Augen verschließt und Verantwortung abschiebt, oder einen gestaltenden, der sich frühzeitig der Probleme annimmt und die Lösung dieser bis zuletzt kritisch begleitet.