Von „Blockflöten“ und angeblicher „Alternativlosigkeit“

Foto: Wandersmann / Pixelio.de
Foto: Wandersmann / Pixelio.de

Ein Einwurf von Christoph Öttking 

Wer sich so manchmal die Blogs und Kommentartweeds führender Nachrichtenseiten in den letzten Wochen und Monaten durchgelesen hat, der stolperte so manches Mal über Bürger, die sich erregt über die vermeintliche Alternativlosigkeit der Euro-Rettungspolitik erbosten oder gar die etablierten als „Blockflöten“ diffamierten.

Unter dem Einfluss medialer Dauerpräsenz der Krise und stakkatohafter Berichterstattung scheinen dabei viele Mitbürger elementare Funktionsmechanismen der repräsentativen Demokratie aus den Augen verloren zu haben: Aus diesem Grund will ich an dieser Stelle vier der häufig gelesenen Trugschlüsse und Anschuldigungen an die Parteiendemokratie erläutern und hoffentlich entschärfen.

1. Zur vermeintlichen Alternativlosigkeit der Euro-Rettungspolitik

Grundsätzlich ist keine Entscheidung, die im demokratischen Prozess getroffen wird „Alternativlos“, außer wenn sie das Grundgesetz aushebelt. Politiker, die ihre Partei vertreten, mögen ihre Idee aber als „alternativlos“ bezeichnen, um ihre Meinung gegenüber anderen Parteien aufzuwerten.

2. Zu den vermeintlichen „Blockflöten“

Die programmatischen Alternativen der Parteien im Bundestag unterscheiden sich sehr wohl. Es tauchen sogar immer wieder Vorschläge auf, die im demokratischen Prozess um Mehrheiten ringen müssen. Dies können Rettungspakete sein, Euro-Bonds oder auch die jegliche Verweigerung von irgendwelchen Hilfszahlungen. Zum Tragen, und damit zur Evaluation, kommt immer nur das von der jeweiligen Mehrheit im Bundestag beschlossene Gesetz oder Paket.

Das heißt, dass sich x-beliebig viele „Nicht-Blockflöten-Parteien“ gründen können. Entscheidungen kommen nur über die für 4 Jahre gewählte Mehrheit zum Tragen.

3. Selbst bei einer anderen Konstellation würde sich doch auch nichts ändern

Änderungen können nur langsam erfolgen, da Gesetze erst ausgearbeitet werden müssen. Teilweise sind auch Verhandlungen mit anderen Institutionen auf anderen Ebenen (EU, Länder) zu führen. Ansonsten gelten zu Beginn der neuen Legislaturperiode noch die alten Gesetze, bis neue erlassen werden.

Unabhängig davon mit welchem Programm die neue Regierung angetreten ist, kann sie sich nicht vollständig von davor getroffenen Entscheidungen frei machen. Entscheidungs- alternativen ziehen immer weitere Astgabelungen nach sich, wobei die vorangegangene Entscheidung mitberücksichtigt werden muss (Stichwort: Pfadabhängigkeit). In Einzelfällen kann das dazu führen, dass von dem Zurückschrauben einer zuvor kritisierten Entscheidung abgesehen wird, weil die Kosten der Revision als teurer erscheinen, als die jeweilige Fortführung.

4. „Der Euro hat uns in die Krise geführt – Wenn wir ihn Abschaffen ist die Krise vorbei.“

Wer die Abschaffung des Euros als Alternative begreift, wird danach vor weiteren „Astgabelungen“ stehen, die Entscheidungen erzwingen, welche sich aus der Einführung und auch Abschaffung des Euros unmittelbar schlussfolgern.
Nicht beendet wird jedoch, selbst nach erfolgreichem Abschluss aller „Aufräumarbeiten“, die Krise sein.

Es gehört zum demokratischen Prozess dazu, permanent krisenhafte Entwicklungen zu inszenieren, um damit die Regierung bloßzustellen und die eigene, sich in der Opposition befindliche Partei, als geeignete Alternative ins Spiel zu bringen.